Aktivismus
Rein in Die Linke – Eine Zwischenbilanz
»Wir haben nichts zu verlieren als unseren Stolz« – unter diesem Motto riefen Aktivist:innen aus verschiedenen sozialen Bewegungen vergangenen Herbst dazu auf, in Die Linke einzutreten und die Parteistrukturen zu nutzen, um vor Ort etwas zu bewegen. Der Initiative folgte tatsächlich ein Masseneintritt. Nun ist es Zeit für einen kurzen Rückblick auf das erste halbe Jahr Partei und Mobilisierung in der ostdeutschen Peripherie.
von WIR // JETZT // HIER Initialgruppe
Juni 2024
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Ein halbes Jahr ist unser kollektiver Eintritt nun her. Die große Aufbruchstimmung des ersten Moments, als unzählige Screenshots von Eintrittbestätigungen im gemeinsamen Chat geteilt wurden und selbst große Zeitungen über hunderte, ja, tausende Neueintritte binnen weniger Wochen berichteten, hat sich etwas gelegt. Auf die motivierenden Mobilisierungstreffen mit Gleichgesinnten folgten für manche eher ernüchternde Erstkontakte mit den Parteistrukturen. Andere fanden sich schnell zurecht. Manche gar direkte Wege ihre Inhalte beispielsweise auf dem Neujahres-Auftakt der LINKEN unterzubringen.
Parallel dazu fand auch das erste und bisher einzige bundesweite WJH-Treffen statt. In übersichtlicher Runde wurde dabei eines deutlich; dass wir den Parteiaufbau mit unterschiedlichen Schwerpunkten dezentral, aber verbunden angehen. Und das eine große Ziel, »in den Städten konzentrierte Bewegungslinke zurück in die Fläche zu bringen«, das läuft jedenfalls schonmal. So fährt unsere Berliner Kleingruppe, gemeinsam mit Genoss:innen aus Brandenburg, regelmäßig über die Dörfer und mobilisiert weiter. Zwischen Wohnprojekten und Solidarischen Landwirtschaften haben wir dabei nicht nur einiges gelernt und uns gut vernetzt; neue Kandidat:innen (mit oder ohne Parteibuch) füllten leere Kommunalwahl-Listen, ein ganzer neuer Ortsverband fand zusammen, wurde von der lokalen AfD belästigt, und empfing, wie zum Trotz, kurz darauf die Mitgliederversammlung des gesamten Landkreises.
Aus den Gesprächen mit den Menschen vor Ort entsprang zudem die Idee, der AfD bereits im EU- und Kommunalwahlkampf, zumindest mit Plakaten und Flyern Paroli zu bieten. So fanden sich über das Neumitglieder-Netzwerk über 80 Menschen, welche die teils überalterten und von Rechten bedrohten Linkspartei-Ortsgruppen beim Plakate hängen unterstützten. Weiterhin bleibt die Chatgruppe, mit der alles angefangen hat, ein digitaler Ort zum Austausch. Dank ihr wissen wir von Genoss:innen, die mit ähnlichen Strategien und vielen kleinen Erfolgen in der Sächsischen und Sachsen-Anhaltinischen Peripherie unterwegs sind. Wir wissen, dass sich Leute bemühen die Bundesarbeitsgemeinschaft Antifaschismus der LINKEN neu aufzubauen. Wir wissen, dass Ideen gesponnen werden, eine Gehaltsbegrenzung für linke Mandatsträger:innen einzuführen, migrantische Interessen und Sorgearbeit mehr in den Fokus der Partei zu nehmen.
Immer wieder passiert es, dass man vor Ort oder am anderen Ende von Deutschland plötzlich auf Menschen trifft, zufällig, mit denen man zusammen eingetreten ist, die das Manifest gelesen und gefühlt haben. Und viele von ihnen arbeiten an seiner Umsetzung. Im Kleinen, an der Basis, dezentral aber kollektiv. Jetzt gerade. WIR JETZT HIER eben.
WIR // JETZT // HIER Initialgruppe, 10 Menschen aus einem breiten Spektrum sozialer Bewegungen, aber alle ansässig in Berlin, brachten die Eintrittslawine in die Linkspartei im Oktober 2023 ins Rollen. Ein Teil der losen Gruppe verfasste nun diesen Rückblick.